Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Trauer und Abschied!


Sicherlich, das verständliche Bedürfnis vieler Eltern, Großeltern, Onkels und Tanten ist es häufig, die Kleineren vor den Schattenseiten des Lebens so lang wie möglich fern zu halten. Aus Angst, dass diese sie überfordern, sie an ihnen zerbrechen, sie ihnen die Freude und Lust am Leben nehmen.  

Aber so funktioniert Leben nicht. Wenn wir versuchen, das Leid und die Traurigkeit fernzuhalten, beschneiden wir unsere Kinder um Gefühlserfahrungen, die für jedes Leben wesentlich sind. Freude und Traurigkeit sind zwei Seiten derselben Medaille und daher nicht ohne die andere zu haben. 

Zudem, darauf machen die Autorinnen Monika Specht-Tomann und Doris Tropper aufmerksam, beginnen wir alle unser Leben mit einer Verlusterfahrung: Bedeutet Geburt doch die körperliche Trennung von der Mutter, die viele Säuglinge mit einem Aufschrei als erste Lebensäußerung quittieren. Die Vorstellung also, dass wir Kinder vor Verlust bewahren müssen, hält den Grundpfeilern des Lebens nicht stand. Abschiede gehören von Anfang an dazu und bedürfen der Trauer. Ist diese doch die angemessene Reaktion der Seele auf Abschied.  Also etwas, das wir auch Kindern zugestehen müssen. 

Natürlich, in unserer Gesellschaft sind selbst viele Erwachsene mit dem Tod eines nahen Menschen überfordert. Ihnen ist die Auseinandersetzung mit den Kindern darüber schon allein deshalb oft zu viel. Das aber sollte ein Grund sein, sich Hilfe zu suchen, anstatt zu versuchen, die Kinder rauszuhalten. Denn dies kann weitreichende Folgen für diese haben. Schuldgefühle, die viel zu frühe Übernahme von Verantwortung  und große Angst vor Verlusten und Abschieden sind nur einige. 

Zumal Kinder Erwachsenen in ihrem Abschied – ganz anders als erwartet – oft zu helfen vermögen. Ihr noch  weniger verstellter Zugang zu ihren Gefühlen ermöglicht ihnen Wesentliches in Worte oder Handlungen zu fassen, die trostreich wirken. Etwa, wenn Bilder für die Verstorbenen gemalt, Sargbeigaben ausgesucht oder Kerzen für sie entzündet werden. Von all dem geht oft eine beruhigende Wirkung aus, sind solche Rituale doch gute Gefäße für traurige Gefühle, die so ihren Ausdruck und darin Halt finden. Gerade weil sie spüren lassen, dass der innere Kontakt zu unseren Toten möglich bleibt. Damit aber verliert die endgültige Trennung, die jeder Tod bezeichnet, ihre Schärfe. 

Wichtig bei allem ist es, zu respektieren, wenn die Kinder die Angebote nicht wahrnehmen möchten. Und zu vertrauen, dass sie andere Formen für sich finden. Gerade bei Jugendlichen ist dies umso wichtiger, ist ihr Bedürfnis nach Rückzug und Distanz doch oft größer. Gleichzeitig wollen sie auf Augenhöhe behandelt werden. Die Haltung macht eben die Musik, die Offenheit, Kinder und Jugendliche zu fragen und einzubeziehen, wenn und wie sie möchten. Zu signalisieren, dass man für sie zur Verfügung steht, sich für sie Zeit nimmt, wenn sie das wollen und brauchen. Und das alles so, wie es die Trauerbegleiterin Beate Alefeld-Gerges zusammenfasst: Kinder und Jugendliche sind die Experten auf ihrem Trauerweg – Erwachsene nur Begleiter und Unterstützer. 

In Hamburg gibt es seit fünf Jahren das Hamburger Zentrum für Kinder und Jugendliche in Trauer e.V.: Hier werden Familien in Einzelberatungen und altersgestaffelten Trauergruppen begleitet und für Institutionen wie Schulen und Kindergärten passgenaue Seminarangebote entwickelt. 

 

 

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